Laut einem aktuellen OECD Blog-Beitrag vertritt der Generalsekretär der OECD, Angel Gurría, kürzlich im OECD-Forum die Position „ein Wendepunkt für Steuern: internationale Kooperation zur besseren Regulierung der Globalisierung“ (1. Februar 2021). In seinen Ausführungen betonte Angel Gurría, dass aufgrund der zunehmenden Komplexität in der Welt der Besteuerung multinationaler Unternehmensgruppen die Kooperation zwischen den Nationalstaaten wichtiger denn je werde. Er verwies dabei auf das große politische Projekt der OECD, die mit Pillar I und Pillar II bekanntgegebenen Vorschläge zur Reform und Neustrukturierung von Besteuerungsrechten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im Kontext der Digitalisierungsthematik.
Während Pillar I neue Besteuerungsrechte in Form der sogenannten „Restgewinne in den Marktgebieten“ definieren soll, mithin also die Besteuerung von Gewinnen der internationalen Unternehmensgruppen auch ohne Vorliegen einer Betriebsstätte, bezieht sich Pillar II auf das Mindeststeuerniveau, dem global verteilte Gewinne von Unternehmensgruppen unterliegen sollen. Beide Elemente dieser laufenden Diskussion über eine grundlegende Verschiebung der internationalen Besteuerungsrechte im laufenden Jahrzehnt sollen dazu beitragen, die heutige Unzulänglichkeit der Unternehmensbesteuerung, die mangelnde Transparenz und die unzureichende Fairness der Steuerbelastung innerhalb von Ländern und zwischen Ländern und Branchen sowie über Gerichtsbarkeiten, Branchen, Steuerzahler und Steuertypen hinweg, abzumildern. Rückblickend auf die Online-Sessions der ungefähr letzten drei Monate, könnte man zur Schlussfolgerung kommen, dass nunmehr sogar Merkmale des Konsumverhaltens, insbesondere im Hinblick auf die digitalisierten Geschäftsmodelle von Unternehmen, als Lösungsweg zur Weiterentwicklung der körperschaftlichen Gewinnbesteuerung gesehen werden.
Wichtig dabei ist und möglicherweise dann auch als Pferdefuß, dass das OECD Projekt dabei eine Mindestgröße von Unternehmen vorsieht, die aktuell bei 750 Millionen Euro liegen soll. Unternehmensgruppen unterhalb dieser konsolidierten Umsatzgröße sollen außerhalb der Pillar I und Pillar II Regelwerke bleiben. Sicherlich setzt auch hier der Gedanke der „Kooperation zwischen den Staaten“ an.
Die Forderung der OECD nach mehr Zusammenarbeit zwischen Ländern im Politikbereich der Besteuerung könnte nämlich auch wie folgt interpretiert werden – zumindest aus politikökonomischer Sicht: Sollten sich die Modelle von Pillar I und Pillar II als nicht umsetzbar erweisen, könnten sich die Nationalstaaten in den nächsten Jahren, wenn sich also die Digitalisierung mit Lichtgeschwindigkeit munter weiter entwickelt und zu noch größeren Belastungsunterschieden über die Branchen hinweg und die Typen von körperschaftlichen Steuerzahlern hinweg führen, bis auf Weiteres auf Kooperationsmodelle einlassen. Ein Beispiel der letzten Jahrzehnte seit Ende der 1990er Jahre sind die Advance Pricing Agreements (vorgezogene Verständigungsverfahren). Mit solchen Kooperationsmodellen dürften sich die Akteure zumindest ein wenig Luft verschaffen im Ringen um eine Teillösung zur vorherrschenden Unzulänglichkeit der heutigen Körperschaftsteuersysteme für grenzüberschreitende Geschäfte zwischen nahestehenden Unternehmen multinationaler Konzerne.
Zum OECD Blog-Beitrag: A Turning Point for Tax: International co-operation for better regulation of globalisation | The OECD Forum Network (oecd-forum.org)
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